John Neumeiers »Bach Suite III«: Mihail Sosnovschi und Nina Poláková (Archivbild) © Wiener Staatsballett/Michael Pöhn

John Neumeiers »Bach Suite III«: Mihail Sosnovschi und Nina Poláková (Archivbild)

© Wiener Staatsballett/Michael Pöhn

Balanchine | Neumeier | Robbins

Wiener Staatsballett

Von Ulrike Klein

Hochsaison im Staatsballett: Nach vier Abenden Raymonda gab man nun einen Abend mit Werken von Balanchine, Neumeier und Robbins.
Simon Hewett, Erster Dirigent des Hamburg Ballett, leitete den Abend. Albena Danailova war seine Konzertmeisterin und Solistin von Strawinskis Konzert in D-Dur für Violine und Orchester.

George Balanchine: »Konzert in D«

In der neoklassischen Choreographie George Balanchines tanzten Ketevan Papava und Eno Peci sowie Liudmila Konovalova und Mihail Sosnovschi die Solopartien. 1972 für das New York City Ballet entstanden, ist dieses Werk aus dem Repertoire nicht mehr wegzudenken. Klassisch in schwarz-weißen Kostümen vor blauem Hintergrund formierten sich die Gruppen aus Solisten und corps de ballet zu immer wieder neuen Zusammenstellungen.

Höhepunkt war der pas de deux von Liudmila Konovalova und Mihail Sosnovschi. Kraftvoll und zart zugleich agierten die beiden im langsamen Satz und ließen die Musik zum Tanz werden, gemäß Balanchines Leitsatz: Musik ist der Boden, auf dem wir tanzen.

Die Choreographien Balanchines scheinen geradezu ideal, um eine Companie in Gleichklang zu bringen, setzte er doch Präzision und Schnelligkeit voraus. Es bedarf hier zwar noch eines längeren Trainingsweges, aber die Grundlage ist geschaffen. Nach einigen weiteren Vorstellungen wird das Werk immer mehr zu einer Balanchine-Arbeit werden. Und bis dahin klingt vielleicht auch das Violinsolo besser geprobt…

George Balanchine: »Thema und Variationen«

Mit Thema und Variationen zur Musik der Orchester-Suite Nr. 3 von Peter Tschaikowski zündete Balanchine ein Feuerwerk an Präzision. (So zumindest die Idee.) Auch wenn die Kostüme von Christian Lacroix diesen Wunsch unterstützen, fehlte doch dem corps de ballet und auch dem Solistenpaar — erstmals Kiyoka Hashimoto und Masayu Kimoto — der zündende Funke. Noch war alles zu flach, zu unspektakulär. In den Formationen der Solopaare und des corps de ballet vermißte man die Klarheit, die Akkuratesse. Das Hauptpaar: zu brav. Das muß einfach mehr funkeln, mehr sprühen.

John Neumeier: »Bach Suite III«

Erster Programmpunkt nach der Pause: John Neumeiers Bach Suite III. Es ist immer wieder erstaunlich, wie ruhig und aufmerksam das Publikum bereits nach den ersten Klängen von Bachs Musik wird. Da kehrte Ruhe im Haus ein, richtete sich der Fokus ganz auf die Bewegung auf der Bühne. Magisch.

Maria Yakovleva und Roman Lazik als Hauptpaar bewiesen, daß sie zurecht Erste Solisten sind. Mit unglaublicher Größe und Noblesse entwickelten sie den Tanz aus der Musik. Auch das zweite Paar, Nikisha Fogo und Richard Szabó, fügte sich sehr gut ein. Überraschend vor allem die Leistung von Nikisha Fogo: Sonst eher impulsiv und eckig, wirkte sie konzentriert und auf Technik bedacht. Richard Szabó kennen wir als sehr exakten Tänzer, flink und akkurat.

Tänzerisch bildete dieses Stück der Höhepunkt des Abends.

Jerome Robbins’ »The Concert«: Marta Drastiková, Dumitru Taran, Irina Tsymbal und Gabor Oberegger (Archivbild aus 2011) © Wiener Staatsballett/Dimo Dimov

Jerome Robbins’ »The Concert«: Marta Drastiková, Dumitru Taran, Irina Tsymbal und Gabor Oberegger (Archivbild aus 2011)

© Wiener Staatsballett/Dimo Dimov

Jerome Robbins: »The Concert«

Den Abschluß bildete die Choreographie von Jerome Robbins zu seiner Charade in einem Akt, The Concert. Zur Musik Frédéric Chopins — mit einem großartigen Igor Zapravdin am Flügel — entwickelte sich die Geschichte um einen Konzertabend.

Das dargestellte Publikum findet sich in jedem Konzertsaal der Welt: der Ballerinentyp, der Ehemann, den seine Frau zur Kultur zwingt, die jungen Mädchen, der schüchterne Knabe und die energische Frau, die sich absolut der Musik hingibt. Robbins hält dem Publikum den Spiegel vor, und das Publikum amüsiert sich über sich selber. Maria Yakovleva gab ihr Debut als Ballerina. Mit Freude am Spiel und an der Komik, karikierte sie sich selbst. Bewährt als Ehepaar sind Eno Peci und Franziska Wallner-Hollinek. Immer wieder eine Freude! Arne Vandervelde ist in dieser Serie der schüchterne Jüngling: ein Gustostückerl. Und Fiona McGees energische Frau: Da kann dem Pianisten schon angst und bange werden.

Höhepunkt war wieder einmal das funny ballet. Auch wenn man genau weiß, wer nun aus der Reihe tanzen wird… es ist immer wieder komisch.
Und das ist die hohe Kunst.

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