»Le Pavillon d’Armide«: Mihail Sosnovschi als Der Mann (Vaslaw Nijinsky) und Nina Poláková als Die Frau (Romola Nijinsky) © Wiener Staatsballett/Ashley Taylor

»Le Pavillon d’Armide«: Mihail Sosnovschi als Der Mann (Vaslaw Nijinsky) und Nina Poláková als Die Frau (Romola Nijinsky)

© Wiener Staatsballett/Ashley Taylor

Zur Première von John Neumeiers »Le Pavillon d’Armide« | »Le Sacre«

Wiener Staatsballett

Von Thomas Prochazka

Nach der umjubelten Produktion von Verklungene Feste | Josephs Legende feiert am 19. Februar 2017 wieder ein zweiteiliger Abend mit Choreographien von John Neumeier Premiere an der Wiener Staatsoper: Le Pavillon d’Armide und Le Sacre. Beide Werke werden erstmals in der Fassung von John Neumeier an der Wiener Staatsoper aufgeführt und erinnern an den Ruhm der Ballets Russes und deren Stars, besonders an Vaslaw Nijinsky.

Le Pavillon d’Armide

Le Pavillon d’Armide wurde am 25. November 1907 im St. Petersburger Mariinski-Theater in der Choreographie von Michail Fokin uraufgeführt; die Uraufführung der Fassung von John Neumeier fand am 28. Juni 2009 durch das Hamburg Ballett John Neumeier an der Hamburgischen Staatsoper statt. Sein Le Pavillon d’Armide ist keine Rekonstruktion der fast sagenumwobenen, selten gespielten Erfolgsproduktion der Ballets Russes, sondern bietet eine Neuinterpretation, die dem Geist des epochalen Ensembles und dessen berühmtesten Tänzerpersönlichkeiten huldigt.

Es handelt sich »keineswegs um den Versuch, Fokines berühmte Produktion zu rekonstruieren, die vor über 100 Jahren Diaghilews erste Saison der Ballets Russes eröffnete. Zwar gewährte das Ballett zahlreiche Einblicke in die historische Aufführung […]; auch eine Rekonstruktion von Fokines Choreografie, der berühmte Pas de trois, wird präsentiert. Aber alle diese Spuren der Vergangenheit habe ich bruchlos in mein neues Konzept eingearbeitet. Nach Vaslaw und Nijinsky ist Le Pavillon d’Armide mein drittes Ballett, das sich mit dem inspirierten, aber tragischen Leben und Werk Vaslaw Nijinskys auseinandersetzt. Es handelt von der Zeit, die der unglückliche Tänzer eingesperrt im Sanatorium Bellevue unter Aufsicht eines Arztes verbrachte. Unbeschränkt aber kann er sich seinen Träumen, seinen Erinnerungen und seiner Phantasie hingeben. In ihnen durchlebt Nijinsky, der nicht von seiner Krankheit, sondern von der übermächtigen Sehnsucht nach kreativer Entfaltung gequält wird, noch einmal seine ruhmreiche künstlerische Vergangenheit«, so der Choreograph.

John Neumeiers »Le Sacre«: Rebecca Horner und Francesco Costa © Wiener Staatsballett/Ashley Taylor

John Neumeiers »Le Sacre«: Rebecca Horner und Francesco Costa

© Wiener Staatsballett/Ashley Taylor

Le Sacre

Die Uraufführung von Le Sacre du printemps am 29. Mai 1913 am Pariser Théâtre des Champs- Elysées durch die Ballets Russes in der Choreographie von Vaslaw Nijinsky führte zu einem wahren Theaterskandal: Neben der im wahrsten Sinne unerhörten Musik von Igor Strawinski war es auch die Choreographie, die den bis dahin verbindlichen Codex des klassischen Tanzes ignorierte. Heute gilt das Werk als eine Ikone der Moderne. John Neumeier präsentierte seine Choreographie, die keineswegs den der Originalfassung zugrundeliegenden Ritus aufgreift, unter dem Titel Le Sacre erstmals am 25. November 1972 mit dem Ballett der Städtischen Bühnen Frankfurt am Main.

Zu seinem Werk sagt John Neumeier: »Je mehr katastrophale Entwicklungen im 20. Jahrhundert stattfanden – die Weltkriege, inhumane Regimes, Atombomben und soziale Unruhen –, desto tragischer erschien die Musik denjenigen, die sie zum ersten Mal interpretierten. Ich selbst habe meine Ideen anhand der ›Katastrophe‹ in der Musik entwickelt, aber auch anhand der Stimmungslage jener Zeit […]. Mein Ballett Le Sacre enthält keine nacherzählbare Geschichte: Metaphern ersetzen eine konkrete Handlung. Zu Beginn werden ›einfach gehende‹ Tänzer mit dem ›liegenden‹ Tod konfrontiert. Dieser erste Teil zeigt die Entwicklung vom Zustand der Unschuld über Befremden, Verdacht und Aggression bis hin zur endgültigen Zerstörung. Der zweite Teil ist eine beängstigende Apokalypse. In dieser surrealen Landschaft verliert man die Menschheit allmählich aus dem Blick. Eine letzte Gestalt bleibt zögernd in einer hoffnungslos verlorenen Welt – ein letzter Schrei …«

Die Besetzung

Musikalisch geleitet wird Le Pavillon d’Armide | Le Sacre von Michael Boder: Der deutsche Dirigent debütierte 1995 mit Wozzeck an der Wiener Staatsoper und dirigierte hier weiters u. a. Medea, Ariadne auf Naxos, Cardillac, Die Frau ohne Schatten, Elektra, Lulu und Die Meistersinger von Nürnberg. Mit der Premiere am 19. Februar wird er seinen ersten Ballettabend dirigieren.

In Le Pavillon d’Armide sind Mihail Sosnovschi (Der Mann/Vaslaw Nijinsky), Nina Poláková (Seine Frau/Romola Nijinsky), Roman Lazik (Der Arzt), Davide Dato (Danse siamoise), Maria Yakovleva (Tamara Karsawina), Denys Cherevychko (Vaslaw Nijinsky) und Richard Szabó (Nijinsky als Schüler) zu erleben.

In Le Sacre tanzen Rebecca Horner, Ioanna Avraam und Francesco Costa, Alice Firenze, Eszter Ledán, Eno Peci und Masayu Kimoto.

John Neumeier selbst zeichnet auch für Bühne und Kostüme von Le Pavillon d’Armide sowie Licht, Bühnenbild und Kostüme für Le Sacre verantwortlich (Bühnenbildumsetzung: Heinrich Tröger von Allwörden; Lichtumsetzung: Ralf Merkel).

(Presseaussendung der Wiener Staatsoper)

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